Wenn man vom Norden
die Höttinger Gasse herunter kommend in das letzte steile
Stück einbiegt, fühlt man sich wie in einer Schlucht. Es ist
die enge Häuserschlucht zwischen zwei "Eggbehausungen", die seit
Jahrhunderten die beiden ersten Häuser der Höttinger Gasse
sind. Hoch oben links zeigt ein Schild, dass hier noch heute ein
Beherbergungsbetrieb ist, der
"B(l)ackhome - City Apartements" heißt (und der Firma
OFA
gehört). Vorbei an nur mehr teilweise über den immer enger
werdenden Minigehsteig ragenden Kellerfenstern kommt man zu
einigen Stufen zwischen "starken Erdbebenstützpfeilern". Sie
führen zu einem Eingang hinauf, den man nur mit
einer Chipkarte öffnen kann, die man ums Eck in der
Innstraße Nr. 1 erwirbt. Ganz schön
verzwickt? Nein, ein Haus mit zwei Eingängen in je einer anderen
Straße ist in Innsbrucks ältestem Stadtteil nichts
Besonderes.
Aber im Gegensatz zum Haus gegenüber gibt es hier in der
Höttinger Gasse keine Hausnummer mehr, und so wissen nur
Eingeweihte, dass das die Höttinger Gasse Nr. 2 ist. Noch
vor wenigen Jahren, konnte man von hier aus an der Rezeption im
Hausflur einchecken, von wo man rechts hinein in die alte
Gaststube kam. Die altertümliche Rezeption und die Gaststube sind
einem neuen Konzept gewichen. Und im Erdgeschoss des Hauses,
gleich neben dem Eincheckpoint, befindet sich der
Innkeller,
eine Bar. Der Urenkel des vorherigen Eigentümers legte gerade die
Platten auf, als ich das Lokal zum ersten Mal besuchte. Ich wollte
bitten, das gotische Kellergewölbe anschauen zu dürfen. Der
Innsbrucker
Autor Christian W. Bauer schrieb nämlich in seinem Stadtroman "
Im Alfabet der Häuser":
"Er winkte dem Barkeeper zu, kurze Zeit später hielt er einen
Schlüssel in dern Hand, komm mit ... in ein Gewölbe, das sich
direkt an die Bar anschloss und als Getränkelager diente."
Ja, und auch ich ging in das Gewölbe, und sah die uralte steile
Treppe, die zum Kellerausgang in die Höttinger Gasse
hinaufführte. Heute ist er allerdings schon lange zu einem
Kellerfenster zugemauert, und erfüllt wie auch die übrigen
unteren Fenster die ursprüngliche Funktion nicht mehr, die
heute schon großteilos unter dem Gehsteigsniveau liegen.
Bauer erklärte im Roman dann: "Noch heute ist über uns
ein Gasthof, erstmals wird er 1521 erwähnt, und früher war es
eben üblich, im ersten Stock die Gäste einzuquartieren,
währenddessen zu ebener Erde die Pferde untergestellt wurden."
Rechts, auf der alten Ansichtskarte aus dem Jahr 1930, ist auf der
Fassade noch der Name des früheren Gasthauses zu lesen: "
Gasthof zur Innbrücke".
Ein Schild zeigt an: "Gasthaus Innbrücke - Eingang um die Ecke".
Wo heute der Innkeller ist war damals der Gemüsehändler
G. Passamani. Auf dem untersten Teil des Erkers über einer
Stahltür steht ein verheißungsvolles Wort: "
Wannenbäder"...
Als im Jahr 1628 der "Leopoldinische Kataster" erstellt werden sollte
um eine große Steuerreform vorzubereiten,
besaß ein Hans Gassler die
"Eggbehausung und Hofstadt an den Unteren Innpruggen in der
Höttingergassen gelegen" (und war dafür dem Stadtspital
grundzinspflichtig) sowie "eine dazugehörige zinsfreie
gewölbte Stallung in der Höttinger Gasse."
Er hatte beides von seinem gleichnamigen Vater geerbt. Das Haus
selber aber stammt in seinem Kern bereits aus dem Jahr 1425, und hatte
schon bis dahin mehrere verschiedene Eigentümer.
Im Jahr 1763 war der Stukkateur Anton Gigl der Wirt zum
"Einkürn" - und als der "Maria-Theresianische Kataster" 1775 hier
erstellt wurde, besaßen die Erben des Anton Stabinger die
"3 gaaden hohe Wirtsbehausung (Schild) zum Ainkirn". Das
ursprüngliche Gasthaus mit dem in den Hang hineingebauten
Steinkeller mit Säule und Ziegelgewölbe hieß also
"Gasthaus zum Einhorn". Und zum Haus gehörte auch der
"Schmiedgarten" mit einem Durchgang zur Höttinger Gasse. Die alten
Durchgangsrechte ermöglichten schließlich, dass etwa die
Notausgänge des Metropolkinos heute in die Höttingergasse
führen..
Um
1911 erwirbt Georg von Kreuzenberg den Gasthof und es erfolgte der
Umbau von dessen Lokalitäten im Erdgeschoss und der Bau eines
neuen Aufgangs zu ersten Obergeschoss. Während des 1.
Weltkrieges wird Anton Wechselberger das Gasthaus zur
Innbrücke und lässt es umbauen. Eine Enkelin führt es
bis zum Verkauf an die OFA.