Die
mehrmaligen Umbauten (zuletzt der Dachbodenausbau 2015/16) lassen
leicht vergessen, dass dieses altehrwürdige Haus eines der
ersten der Häuser an der Grenze zu Innsbruck war und
auf eine mehr als 300 Jahre alte Wirtschaftsgeschichte
zurückblicken kann. Aber beginnen wir ganz vorne:
Dr. Franz-Heinz Hye
vom Innsbrucker Stadtarchiv hat folgendes zusammengetragen hatte (Siehe
auch Artikel unten)
Von
1705 bis
1743/60 befand sich hier das
Schellener'sche
Gießhaus:
Am 29.
Jänner 1705 kauften Johann Paul
Schellener (Stuck- und Gloggengüesser) und seine
Frau Maria Elisabeth geb. Wagner,
(Schwester
des Innsbrucker Hof - und Universitätsbuchdruckers und
Bürgermeisters Michael
Anton Wagner) das Haus von Anna
Margareta Winkler.
Sie richteten
hinter dem Haus eine Gießhütte ein, die nach
Johann Pauls Tod (26. Februar 1743) die Witwe bis zu ihrem Tod (5.
August 1760)
weiterführte. Ihre Erben waren der Cousin Johann
Joachim Pfaunler (ein Priester) und ihr Bruder Michael
Anton Wagner (Bürgermeister,
Buchdrucker) .
Deren Erben
verkauften die Liegenschaft an Johann Georg
Jufinger (am 29. April
1806).
Im Maria-Theresianischen
Kataster von 1775 war das
Schellener'sche Haus (Parzelle
13, 14
,15) von Süden her das dritte Haus auf der Ostseite der
Höttinger Gasse.
|
In seinem Buch "
Der
Buchdrucker der Medici" erwähnt
Christoph W. Bauer
die Verbindung dieses Hauses mit der Buchdruckerfamilie Wagner. Auf
Seite 58 steht:
"...
Jakob Christophs
Tochter
Maria Elisabeth,
die ganz zur Freude ihres Großvaters einen berühmten
Stuck- und Glockengießer heiratet..." Dieser
Großvater ist kein geringerer Michael Wagner, der am
11. Oktober 1639
die
Wagnerschen
Buchdruckerei in der Innsbrucker Altstadt
gründete, indem er eine
"goldene Witwe", Maria Gäch nur wenige Monate
nach dem Tod des Buchdruckers Hans Gäch heiratete.
Später erwarb er auch noch die zweite Buchdruckerei am Ort,
die von Hieronimus Paur. Sein Sohn Jakob Christoph
übersiedelte später in das Haus Kirchgasse
4 (heute Pfarrgasse 4) nachdem seine erste Frau viel Kapital
eingebracht hatte. Nach ihrem Tod heiratete er Maria Elisabeth Winkler,
die Tochter des Stadtapothekers Georg Winkler. Sohn Michael Anton
Wagner übernahm die Buchdruckerei und seine Schwester
heiratete Johannes Paul Schellener. Gemeinsam kauften sie dann dieses
Haus
Höttinger
Gasse 18 und vererbten es an den inzwischen zum
Bürgermeister aufgestiegenen Bruder.
Die Voreignerin,
Anna
Maria Winkler, war wohl eine Verwandte der Maria Elisabeth
Winkler, die beide stammten also aus den Apothekerfamilien Winkler, die
seit inzwischen 445 Jahren die
Innsbrucker Stadtapotheke in der betreiben, wie
in dem Artikel von
Dr.
Andreas Winkler aus der Mai-Nummer 20 von
Innsbruck
informiert zu lesen ist. (Siehe unten). Dieser
Artikel aber auch das Buch von Christoph W. Bauer zeigen wunderbar, wie
die "Heiratspolitik" in alten Bürgerfamilien dazu
führte, dass viel Wohtstand erworben werden konnte. Vor allem
das Zunftwesen und die Stadtordnung schränkten den Zugang zu
den Handwerksberufen und Bürgerrechten ein, indem sie nur verheiratete Männer zu ließen.
Heute besteht das Haus
Höttinger
Gasse 18 aus
mehreren Wohneinheiten mit unterschiedlichen Eigentümern und
Mietern,
nach dem der Allein-Eigentümer
Othmar Saurwein im Jahr 2014/15
drei
Wohnungen und drei der sechs Garagen verkauft hatte. In einem in den
60-er-Jahren errichteten Stöcklgebäude befindet sich
eine Wohnung mit
Terrasse über den fünf neuen Garagen und
einer Dachterrasse zur einer
der drei Wohungen die im Dachboden ausgebaut wurden. Im
gesamten
Parterre befindet sich heute EIN Gassenlokal mit EINEM
Betrieb, der
Tapezierer
Nocker, der hier seit über 30 Jahren arbeitet.
Laut
Gesprächen mit Nachbarn sollen in derselben Kubatur vor
einigen
Jahrzehnten noch DREI Betriebe exisitert haben. Auf meine Nachfrage bei
Othmar Saurwein, der hier nur bis zu seinem 6. Lebensjahr gewohnt
hatte, erfuhr ich, dass sein Vater ein
Schuhgeschäft hatte und in
dem nördlichsten Teil des Gebäudes, das irgendwann
angebaut worden war,
hatte ein
Taschner bzw.
Schuster namens Tschenett (?) (sein
Taufpate)
seinen Betrieb.
Der Anbau hatte zur Höttinger Gasse einen eigenen
Eingang mit Schaufenster - später wurden das Lokal mit dem
anderen
verbunden und der Eingang in ein Fenster umgestaltet. Der erste Stock
war vom Hof über eine vierstufige Treppe zugänglich.
Die Tür wurde nach
dem Erweitern der Wohnung im 1. Stock (wo an der gesamten
Westseite
wohne ebenfalls in ein (vergittertes Fenster zum Hof
umgebaut. Auch
die darüberliegende Wohnung im 2. Stock wurde erweitert und
erhielt
eine Terrasse über der damals wohl auch errichteten ersten und
größten
Garage. Jedenfalls kann man am nördlichen Teil des
Gebäudes im
Hof immer noch eine
kleine Betontreppe mit drei Stufen sehen, die heute aber zu keiner
Türe mehr führen. Das lässt vermuten, dass
das einmal
ein separater Anbau mit eigenem Eingang war, wie man
ihn
auch bei anderen Häusern in der Gasse findet. Ein Bewohner
des zweiten Stockes erzählte mir, dass er beim Sanieren in der
Wohnung auf einen eingemauerten Fensterstock gestoßen sei.
Mein
erster Versuch, hinter eine kleine Rigipsplatte über dem
Durchgang
zur Küche zu schauen, eröffnete mir den
Blick auf eine
durchbrochen Mauer.
Im Parterre rechts vom heutigen einzigen Eingang soll
im Geschäftsinneren der Zugang zu einem
Glasbearbeiter ohne
eigenen Gassen-Eingang gewesen sein. Dieser Betrieb schloss vor
über 45
Jahren (1981), und die Mitarbeiter
Hannerl
und Alfred Ecker wanderten in die
Altstadt, auf den Domplatz ab, wo sie das
Gläserkastl
eröffnet hatten. Die zwei sind jetzt im Ruhestand und haben an die junge
Glasveredlerin
Silvia Pfister
übergeben.
Etliche
Bilder von Hanna Ecker sind dort ausgestellt und ihre Adresse ist dort
auf einem Kalender zu finden. Sie ist Malerin, die in einem Atelier im
Saggen arbeitet...
Es
sind
also nicht alle in der Höttinger Gasse ansässigen
Gewerbe untergegangen. Etliche Betriebe arbeiteten in anderen,
größeren Geschäftsräumen weiter -
in Innsbruck
oder Hall oder anderen Orten.
Wie auch die
Obst- und
Gemüsehandlung Larcher, die sich im
mittleren der drei Geschäftslokale befand und die
nach
Pradl zog und inzwischen pensionshalber den Betrieb eingestellt hat.
Als mein Sohn
2014
meine derzeitige Wohnung von
DI
Othmar Saurwein
gekauft
hatte und ich hier im November 2014 eingezogen war,
waren im Haus außer dem Tapezierer im Geschäft noch
zwei
alte Mietsparteien wohnhaft. Der Eigentümer ließ das
Haus parifizieren und verkaufte einzelne Wohnungen
als
Eigentumswohnungen. Ein erster
Käufer war knapp vor mir eingezogen. Ein dritter kaufte die
insgesamt vierte Wohnung des Hauses mit der Option, den Dachboden
auszubauen, wo in der Folge noch drei weitere Wohnungen für
Käufer enstanden. Eine Eigentümer-Gemeinschaft musste
gegründet werden. So wurde ich hier Zeuge eines
Hausteilungsprozesses, wie er im Laufe der Zeit in vielen
alten
Häusern erfolgte. So teilen sich die Hauserhaltungskosten auf
mehrere Eigentümer auf.
Bald nach meinem Einzug forschte ich im Stadtarchiv
nach und entdeckte einen Zeitungsartikel, in dem der
Archivdirektor
Dr.
Franz-Heinz Hye über die
Glockengießerei im Garten berichtete.